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Den Wald bewusst wahrnehmen

Der Wald fasziniert. Er ist zu jeder Jahreszeit etwas Besonderes und verzaubert mit seinem majestätischen Erscheinen. Es gibt so viel im Wald zu entdecken: weiche Moose, blätterbedeckte Pfade und das leise Rauschen der Bäume.

Doch allzu oft nimmt man diese Fülle an Eindrücken gar nicht wahr. Ob man mit dem Mountainbike über die Waldwege prescht oder beim Joggen mit Musik in den Ohren seiner Bestzeit hinterherjagt – der Wald wird zur Nebensache und bleibt unbeachtet. Doch wie wäre es, wenn man den Wald einmal ganz bewusst wahrnimmt und ihn in den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit stellt? Mit Waldbaden kann das gelingen.

Was ist Waldbaden und wie funktioniert es?

An sich ist Waldbaden keine neue Erfindung. Man gibt jetzt nur etwas alt Bekanntem einen wohlklingenden Namen. Die Menschen brauchen eben diese Bezeichnungen für banale Dinge, damit diese in ihrem modernen Leben einen Platz finden können. Wenn man so will, haben unsere Vorfahren ihr ganzes Leben Walbaden betrieben. Denn als es noch keine Häuser gab, haben die Urzeitmenschen im Wald gelebt und mussten sich nicht extra dorthin begeben, so wie heute.

Waldbaden fängt schon bei einem ruhigen Spaziergang durch den Wald an. An besonders schönen Orten darf man dann gerne einmal stehen bleiben, die Augen schließen und einfach nur den Moment genießen. Plötzlich hört man alle möglichen Geräusche von Bäumen oder Tieren. Die Sonnenstrahlen fallen auf das Gesicht und man nimmt die frische, würzige Waldluft war.

Wer den Wald noch mehr genießen möchte, kann sich auch auf einen Baumstamm oder eine Bank setzen und einfach einen Moment verweilen. Dieses Nichtstun entschleunigt ungemein und bietet einen wunderbaren Ausgleich zum stressigen Alltag.

Im Wald zu meditieren ist ein weiterer Weg, um mehr Zeit im Wald zu verbringen. Die Verbindung aus frischer Waldluft und Achtsamkeit ist heilsam für Körper und Geist. Abseits der großen Wege finden sich im Wald unzählige kleine Pfade, die nur darauf warten, entdeckt zu werden. Der Untergrund dieser Pfade ist meist sehr weich, mit Wurzeln durchzogen und bedeckt mit Blättern und Tannenzapfen. Barfuß oder mit Barfußschuhen lässt sich der Waldboden noch intensiver wahrnehmen. Das hilft dabei, achtsam zu bleiben und den Fokus auf das Hier und Jetzt zu legen.

Waldbaden als Medizin

In Japan ist Waldbaden eine anerkannte Heilmethode zur Behandlung und Prävention von Krankheiten. „Shinrin-Yoku“ nennt man es dort, was übersetzt in etwa „Baden im Wald“ heißt. An der Nippon Medical School in Tokio gibt es eine eigene Fachrichtung für Waldmedizin. Dort wird das Waldbaden wissenschaftlich erforscht und Studien durchgeführt.

Es gibt bereits erstaunliche Ergebnisse: Ein Tag im Wald reduziert die Stresshormone Cortisol und Adrenalin um 50 %. Außerdem steigt beim Waldbesuch die Produktion von sogenannten „Killerzellen“, die das Immunsystem stärken und gegen Entzündungen im Körper wirken.

Mitverantwortlich für die positive Wirkung des Walds auf unseren Körper sind die sogenannten Terpene. Das sind Botenstoffe, mit deren Hilfe die Pflanzen im Wald kommunizieren um sich dadurch unter anderem vor Schädlingen zu schützen. Wir Menschen nehmen diese Moleküle über die Haut und die Lungen auf. Die Terpene machen auch den unverwechselbaren, würzigen Duft der Waldluft aus, der besonders nach einem Regen sehr intensiv wahrnehmbar ist.

Das Erstaunliche ist, dass sogar noch vier Wochen nach einem Aufenthalt im Wald, die Abwehrkräfte im Körper erhöht sind. Um langfristig von den gesundheitlichen Vorteilen des Waldbadens zu profitieren, sollte man zwei bis drei Mal im Monat rund zwei Stunden im Wald verbringen.

„Erst im Wald kam alles zur Ruhe in mir, meine Seelewurde ausgeglichen und voller Macht.“
– Knut Hamsun, Pan

Blick in die Baumkronen einer Buche
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